die Ueberwindung der Angst vor Ichverlust in das Selbstvertrauen hinein
Bild: "Der seelische Schatzmechanismus und die Potenz des Urvertrauens"
(Annette Scharfenort, scharfenort@web.de )
 

Rockzipfel oder wahres Leben

In Schicksalsschlägen bekommen wir eine andere Sicht auf das Leben. Plötzlich haben wir das Gefühl, vor dem Abgrund der Abgründe zu stehen. Wir kommen weder vor noch zurück.

 

Allein schon diesen Text jetzt zu lesen, berührt uns mit Unbehagen, nein danke, davon wollen wir am liebsten gar nichts wissen, wenn es denn nicht sein muß!

Alles scheint in solchen unerträglichen Gefühlseinbrüchen unlösbar ineinander verstrickt zu sein. Wenn wir vor allem gelernt haben, über unseren Verstand Lösungsmodelle zu erarbeiten, fangen wir an mehr und mehr zu grübeln, um so den Lebensfaden wiederfinden zu können. Es kommt vor, daß unsere Gedanken anfangen zu rasen, unkontrolliert und wie von der Tarantel gestochen, so daß wir lange Zeit sogar keinen Schlaf mehr finden.

Auch gefühlsmäßig stehen wir in solchen Situationen vor dem Abgrund unseres Lebenskonzeptes, es geht weder vor noch zurück. Gebannt wie das Kaninchen vor der Schlange werden wir bewegungsunfähig, sämtliche Energien scheinen uns verlassen zu haben. Nichts geht mehr. Wir wollen weder denken, noch fühlen, noch sonst irgend etwas.

Depression, Zustände von unbeschreiblicher Hilflosigkeit, Mutlosigkeit und abgrundtiefer Angst überfallen uns wie Räuber in der Nacht. Letztendlich richten wir sie auch gegen uns selbst und können uns selbst nicht mehr leiden, wir wollen am liebsten mit dem Auslöser und diesen inneren Zuständen nichts zu tun haben. Das sind ja entsetzliche Gefühle, die sich da auftun und offensichtlich machen sie die Sache an sich nur noch schlimmer. Das waren in unserer Kindheit schon unerträgliche Zustände, können wir uns erinnern, und so wie es eben geht, verdrängen wir es.

Viele von uns versuchen, "auf andere Gedanken zu kommen", sich abzulenken, Lebensaufgaben zu finden, die einen nicht mehr an diese seelischen Zustände erinnern, ja, vielleicht noch einmal ein ganz neues Leben anfangen? Eine neue Wohnsituation, eine neue Arbeitsstelle, ein neuer Partner? Leider, so stellen wir fest, können wir unsere Kinder nicht austauschen und meinen, uns mit unserem Schicksal abfinden zu müssen. Anstatt Hingabe zur Entgrenzung unseres bisherigen Horizontes zu üben, meinen wir gesenkten Hauptes den Lebensumständen aufopfernd dienen zu müssen und resignieren. Damit verfallen wir nur einem Anti – Ego Wahn.

Solche seelischen Einbrüche können uns aber auch erkennen lassen,
daß wir nicht gelernt haben, uns diesem Prozess des Ich-Verlustes und der Abnahme der Ich-Kontrolle anzuvertrauen. Wir alle haben schon den Begriff der Trauerarbeit gehört.
Das aber solche seelischen Grenzerfahrungen uns auch den Weg in den transpersonalen Raum öffnen können( seien sie akut durch eine gerade bestehende Situation oder aus einer Vergangenheits-Traumatisierung), ist nur wenigen vertraut oder wenigstens einfach nur bekannt.

In der Mystik gibt es den Begriff der Tröstung, das bedeutet, daß gerade ungewöhnliche Lebensumstände direkte Einbrüche in den transpersonalen Raum sein können( wie gesagt ausgelöst durch seelisch unerträgliche Situationen, die Gefahr besteht nur, daß daraus ein Realitätsfluchtmechanismus aufgebaut werden kann oder aufgebaut wurde und der Mensch flieht immer wieder in den transpersonalen Raum ). Dieser transpersonale Raum hat viele Namen: Das Namenlose, göttlicher Urgrund, Gott, Buddha-Natur, Christusbewußtsein, Allah, Selbst, Nirwana und je nach Kultur viele weitere mehr.

In unserem Ego–Verständnis ist es in unserer Kultur üblich, latente Ahnungen bezüglich dieser Bewußtseinsebene in den eigenen personalen Bezug zu bringen: Hier bin ich, da ist Gott . Wenn wir sagen können, wir haben eine Gottesahnung oder wir haben gar eine visionäre Gotteserfahrung gemacht, belassen wir es in der Regel dabei. Wir integrieren diese Erfahrung in unser bisheriges Lebensverständnis von unserer vertrauten Ich-Realität (Ich habe eine Ahnung vom Jenseits, ich habe eine Gottesvorstellung, ich habe eine Erleuchtung) und erweitern unser Ich in ein Gottvertrauen hinein, durch das wir Beistand, entweder in solchen schweren Augenblicken oder nach dem Tod, ahnen. So kommt es, daß Menschen durch Schicksalsschläge erstmalig oder wieder Zugang zu ihrem gelernten Gottesbild und Glauben finden.

Mit dem Rockzipfel in der Hand belassen wir es dann bei unserem bisherigen Lebensverständnis und verstehen nicht die Chance, die sich darin bietet, das ganze Ich- und Lebenskonzept in diese Flamme der Neuwerdung zu werfen. Was hat das mit meinem Ich zu tun?

Wer sich auf diesem Weg weiter wagt, wer die Chance nutzt, diesem Rockzipfel des keimenden Urvertrauens und dem Urprinzip des Seins weiter und weiter zu folgen, macht dagegen eine viel tiefgreifendere Entdeckung. Er integriert den transpersonalen Raum.

Was bedeutet das?

Wir verstehen langsam, daß der transpersonale Raum jenseits von Beispielen und Vorstellungen liegt. Das Denken, das Wollen, die Emotionen werden überschritten und das Sein offenbart sich in seiner unmittelbaren Wirklichkeit. Wir erfahren, daß es sich hierbei nicht um eine fremdeWelt, um das berühmte JENSEITS, sondern um eine elementare Bewußtseinsebene in unserem Diesseits handelt!

Um den Weg dorthin zu finden, müssen wir einige Bedingungen erfüllen. Unsere Sinne und Gedanken und unser Tagesbewußtsein müssen lernen, zu schweigen und zur Ruhe zu kommen. Ähnliches geschieht kurz bei Schockzuständen mit dem menschlichen Bewußtsein, so kann ebenfalls kurzzeitig der transpersonale Raum durchbrechen. Doch solange wir nicht lernen, die Ich-Begrenzung neu zu verstehen, führt uns das nicht in ein neues Lebensverständnis.

Während der eine sich mit dem einmaligen Schimmer und der Ahnung der seelischen Heimatfindung zufrieden gibt und in seinem bisherigen Alltagsmuster weiterlebt, kann der wahrhaft "Reisende" diesen Weg in den transpersonalen Raum als allezeit präsent erfahren . Sein aufrichtiges Bemühen führt ihn immer wieder an seine Grenzen und Höllen, die ihm den Blick auf seine eigene Wesensnatur versperren wollen, das nennt man in der Mystik Reinigungsprozess. Ja, er erfährt, es führt ihn über diese ICH-Grenzen langsam aber kontinuierlich hinaus.

Er bricht mehr und mehr durch und erkennt, welcher Illusion er in seinem früheren Ego-Verständnis erlegen war.

So erfährt er z.B. seine Vorstellung vom Tod als Begrenzung seiner Egoschicht. Ebenso müssen und werden Ego-Größenwahn hinter sich gelassen.

Wer einmal in den transpersonalen Raum durchbrechen konnte, wer diese Erfahrungen "leibhaftig" machen konnte, erfährt wie sehr diese Seins und Wesensnatur uns selbst auch gesucht hat. Ja, das diese Bewußtseinsentfaltung nur darauf wartet ( als "arbeiten des Unterbewußtsein" in der psychischen Schicht bekannt), sich in uns einzugiessen und mithilft, seelische Knoten aufzubrechen und heilen zu lassen. Um unsere Möglichkeiten voll entfalten zu können.

Wir sind diese Bewußtseinsebene von unserem Innersten selbst. Wir erfahren unser tiefstes Inneres.

So haben wir unseren Lebensschlüssel gefunden, der unsere emotionalen Beweggründe wie (Todes-) Ängste, Begrenzung und Willen in einem ganz neuen Kerzenlicht erscheinen lassen. Und mit Freuden können wir so unsere radikal neue Sicht auf die Gesetze des Lebens neu ordnen und uns in unsere Lebensumstände einfügen. Nicht zuletzt, weil unsere Ego–Schichten einen viel kleineren Platz in unserem Leben erhalten (gelernte Bilder und Konzepte, narzisstische Macken tanzen uns nunmehr nicht mehr so auf dem Kopf herum, sowie wir einen Dokumentarfilm von einem Spielfilm unterscheiden können).

Weitreichende Energien werden frei, Kräfte und Fähigkeiten entfalten sich und auch bei schweren Schicksalsschlägen haben wir die innere Freiheit, loszulassen und anzunehmen.


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